Chapel Hill, NC: Algonquin Books, 2019. xii, 274 pp. ISBN 978-1-61620-904-9.
„A Death in the Rainforest“ spannt sich über 30 Jahre linguistische Feldforschung im Dorf Gapun in der Ostsepik Provinz, Papua-Neuguinea. Der Autor, ist am Anfang der Geschichte ein unerfahrener Doktorand, der sich mit vielen Vorsätzen und ohne Erfahrung im Feld in die Sumpflandschaft des Sepik Deltas aufmacht. Er glaubt anfangs, dass er den Prozess des Aussterbens der Sprache Tayap untersuchen wird. 30 Jahr später ist ihm klar, dass die Sprache ein Symbol für die Transition von einer Lebensart in die nächste ist: eine Sprache stirbt nicht einfach aus – sie verschwindet, so wie gewisse Praktiken von einer Generation zur nächsten einfach nicht mehr angewandt werden.
Dan Kulick unterteilt das Buch unterschiedliche Themen – so widmet er zum Beispiel ein Kapitel der Poesie und Kreativität von Schimpfwörtern und obszönen Flüchen; ein anderes gibt Einblicke darüber, wie geschriebene Liebesbriefe als Kommunikationsmittel neue Herausforderungen in der Organisation von Liebschaften mit sich bringen. Auch die Konzeptionen von Himmel, Hölle und dem Reich der Toten findet seinen Platz – letzteres und die Welt außerhalb vom Dschungel Papua-Neuguineas sind in dieser Wahrnehmung nicht klar voneinander trennbar, was im lokalen Zusammenhang auch schlüssig erklärt werden kann.
Der Autor reflektiert auch über seine eigene Rolle im Dschungel; darüber, was er repräsentiert, und was es für ihn zum Beispiel bedeutet, wenn die Bewohner des Dorfes beschlossen haben, dass er aus dem Reich der Toten zurückgekehrt ist.
Immer mehr um sich greifende Gewalt sieht der Autor nicht in der lokalen Lebensweise verankert, sondern als Resultat einer unheiligen Allianz aus leeren Versprechen, Missionierung, Cargo Cults und Begehrlichkeiten. Dass auch sein eigenes Leben während seiner langen Aufenthalte in Gapun mehrmals in Gefahr war, reflektiert er rückblickend bemerkenswert nüchtern. Zu keinem Zeitpunkt bekommt man das Gefühl, dass ich der Autor inszenieren möchte – im Gegenteil, er zögert nicht, auch seine eigenen Unzulänglichkeiten und Fehlschläge zu thematisieren.
Er greift diese Themen mit einer ausnehmend wertfreien Betrachtung auf; genauso nähert er sich auch der Wahrscheinlichkeit, dass Tayap bald nur noch in seinen Aufzeichnungen existieren wird, nicht mit der üblichen sentimentalen wir-müssen-diese-Sprache-retten Paradigma, sondern erkennt Sprache als das, was es ist: ein Mittel zur Kommunikation, das sich neuen Gegebenheiten anpasst und sich, wenn nicht mehr erwünscht, auch wie von selbst zurückziehen kann. Es werden Veränderungen beleuchtet, die im Laufe der Jahrzehnte in dieser kleinen Gemeinschaft stattgefunden haben, und die Rolle der Sprache Tok Pisin als Träger eines neuen Wissens positioniert. Die Sprache ist das Vergrößerungsglas über den sich verändernden Lebensumständen.
Dieses Buch reiht sich ein in die Werke anthropologischer Literatur, die auch Laien leicht zugänglich sind, aber trotz allem durch ihre rigorose Analyse auffallen. Die ungewöhnlich lange Zeit, über die sich diese Analyse erstreckt, wirkt als Korrektiv gegen jegliche Art von Verklärung und Befindlichkeiten. Es handelt sich um ein von Realismus und Respekt geprägtes Werk, das bis zur letzten Seite eine spannende, kritische und dennoch unterhaltsame Lektüre ist.
Elisabeth Worliczek